Wolfgangskirche
Bedeutung:
Gerabach ist Filiale der Pfarrei
Bayerbach und zählt derzeit 80 Einwohner.
Das Dorf am Hang auf der Höhe birgt
einen seltenen Wert: ein altes Kirchlein mit schmucken Zwiebelturm, ein
Gotteshaus von besonderer Schönheit, ein Kleinod christlicher Kunst, ein
anschauliches Zeugnis ländlicher Frömmigkeit.
Es handelt sich bei diesem
altehrwürdigen Heiligtum um die älteste Wolfgangs-Wahlfahrtskirche der Diözese
Regensburg außerhalb der Bischofsstadt.
An der alten Salzstraße von Regensburg
nach Salzburg gelegen, war im Mittelalter das Dorf mit seiner kleinen Kirche
willkommene Rast für die Pilger, die von Regensburg zum Arbersee (heute:
Wolfgangssee) unterwegs waren. Daher auch der (wieder freigelegte) Wolfgangi-Brunnen
im Schatten des Turmes.
Beschreibung:
Kirche und Turm sind aus Bruchsteinen
gebaut; man sieht schräge Schichtmauern.
Das Kirchenschiff, der Anlage nach
romanisch, wurde im 17. Jahrhundert umgestaltet.
Chor und Sakristei und Turmunterbau
sind im wesentlichen spätgotisch.
Dass an der Kirche viel herumgebaut
wurde, bezeugt allein schon der unregelmäßige Grundplan.
Baugeschichte
Die erste (?) Kirche,
bedeutend kleiner als die heutige, dürfte den Westteil des heutigen Gebäudes
umfasst haben, mit dem Altar im Turm.
Anhaltspunkte dafür sind am Turm auf
der südlichen Seite im Langhaus das Widerlager eines Gewölbes, desgleichen am
Empore-Aufgang, ebenso im Turm-Erdgeschoß, ferner Kapitelle im Turminneren,
sowie romanische Fensterbögen (um 1250) in Turm und Südwand.
Die Erbauungszeit ist nicht bekannt.
Der zweite Bau wurde
spätestens im Jahre 1482 errichtet, bedeutend größer; gleichfalls aus
Bruchsteinen, die wohl von einer Burgruine beigebracht wurden.
Dass die Kirche im Schiff gewölbt und
bis 180 cm höher war als heute, sieht man noch deutlich an der Westgiebelseite
im Langhaus; dort ist ein rundbogiges Fenster mit Schräggewänden zu sehen.,
heute zugemauert, daneben und darüber gemalter Mäanderfries aus dem 13.
Jahrhundert. Von der Ausmalung der Kirche zeugen ferner zwei knieende
menschliche Figuren hinter dem linken Seitenaltar an der Wand.
Ein Graben rings um die
Wallfahrtskirche lässt darauf schließen, dass das Gebäude früher verschanzt
war; es ist nicht auszuschließen, dass in Gefahren der Graben mit Wasser
aufgefüllt wurde, das viele Quellen lieferten. Im Jahre 1632 ist unter dem
Andrang der Schweden die Kirche abgebrannt und stand ein paar Jahre als Ruine.
Der dritte (heutige) Bau wurde
im Jahre 1635 errichtet. Nach dem Brand trug man die Mauern des Langhauses nach
Bedarf ab, setzte den Dachstuhl darauf und brachte alsbald (frühes 17.
Jahrhundert) die heutige flache Holzdecke an, die durch Profilleisten in
geometrische Felder geteilt ist, mit Rosetten und Zwiebeln an den
Kreuzungspunkten. Der bruchsteinerne Turm wurde barock aufgesetzt, mit
abgeschrägten Ecken, von einer Kuppel gekrönt.
Von einem unbekannten Meister wurde im
Jahre 1699 (= Chronogramme!) in Wort und Bild die Wolfgang-Vita an die
Holzdecke gezaubert: 13 Szenen aus dem Leben des heiligen Wolfgang. Im großen
Mittelfeld der Heilige in der Glorie; auf dem breiten Rahmen Umschrift. Im
übrigen wechselt ein Gemäldefeld mit dem Schriftfeld.
Früher war die Kirchentüre im Süden
unter dem letzten Fenster. Ungefähr 1821 wurde das Portal im Westen gebaut und
die Türe dorthin verlegt.
Anno 1823 fiel der Triumphbogen
herunter, der schlug auch das Gewölbe im Presbyterium herunter. Der Bogen wurde
alsbald erneuert; an der Nordseite des Schiffes brachte man außen 2 schräge
Stützpfeiler an.
Im Jahre 1869 hat man bei der
Renovierung des rechten Seitenaltars, im Feld hinter dem Tabernakel und
unterhalb des Altarbildes, folgende Inschrift gefunden:
"Gott dem Allmächtigen und dem
heiligen sankt Wolfgang zu Ehren, hat der Erbe Georg Hoffmann zu Penkh Ihnen
und den seinigen zu Trost und Heil diesen Altar anno 1629 von neuem aufsetzen
lassen. - Renoviert anno 1635".
Einrichtung
der Kirche
Der Hochaltar stammt aus der
ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die Seitenfiguren stellen St. Georg und St.
Ulrich dar, Figuren aus der Mitte des 15. Jahrhunderts.
Das ovale Gemälde im Aufzug ist ein
Brustbild der Muttergottes mit Kind.
Die beiden Seitenaltäre dürften
gleichfalls aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammen.
Das Altarblatt an allen 3 Altären ist
übermalt.
Neben weiteren wertvollen alten
Wolfgang-Figuren (um 1500) und einer Muttergottes-Skulptur (um 1700) sowie
einer farbenfrohen Skulptur "der Auferstandene" (um 1750) birgt die
Kirche eine Reliquie vom hl. Wolfgang in Form einer schmucken
Strahlenmonstranz, in der Wandnische der Südmauer neben dem Seitenaltar.
Ein seltenes Hausaltärchen aus dem Ende
des 17. Jahrhunderts, gleichfalls angebracht an der Südwand, weist den Pilger
hin auf St. Wolfgang als Helfer in Todesnöten; auf Holz gemalt zeigt es einen
Sterbenden; der beistehende Priester weist auf die über den Fürbitten Maria und
Wolfgang erscheinende Dreifaltigkeit hin.
Reliquienkästen (erste Hälfte 18.
Jahrhundert) auf den Seitenaltären wollen den Blick des Beters auf die
Herrlichkeit bei Gott lenken.
Eine einfache Holzkrücke an der Wand
möchte an frühere Gebetserhörung erinnern.
Wertvolle liturgische Geräte, besonders
ein Ziborium (um 1700) in Silber teilvergoldet, lassen auf lebhafte mittelalterliche
Wallfahrt schließen.
3 Bronce-Glocken im schlanken
Zwiebelturm laden mit eherner Stimme regelmäßig zum Gebet ein.
Zwiebelturmläuten aus Gerabach
(21.10.1973) - Auszug
"Die alte Salzstraße, die
Regensburg mit Salzburg verbunden hat, führt östlich von Ergoldsbach durch das
kleine Dorf Gerabach, das eine Filiale des benachbarten Bayerbach ist. Zu
beiden Seiten des schmalen Gerabaches, der dieser Siedlung den Namen gegeben
hat, liegen an den Talhängen die Bauernhöfe, und rechts steht auf der Höhe
weithin sichtbar das ehrwürdige St. Wolfgang-Heiligtum inmitten des ummauerten
Friedhofs. Gerabach, die älteste Wallfahrt zum Patron des Bistums Regensburg
außerhalb der Bischofsstadt, wurde von den Pilgern auf ihrem Weg zum St.
Wolfgangsee gerne besucht. Vor kurzem konnte man den alten Quellbrunnen vor dem
ehemaligen nördlichen Kirchenausgang wieder freilegen, aus dem die Wallfahrer
das Wolfgangswasser geschöpft haben...
Während der letzten Jahre haben die
Einwohner von Gerabach ihr schönes Gotteshaus und den gesamten Friedhofbereich
in vorbildlicher Gemeinschaftsarbeit instandgesetzt. Die Wallfahrt zum heiligen
Wolfgang gibt es zwar längst nicht mehr, aber die St. Wolfgangskirche ist der
lebendige Mittelpunkt der Gemeine geblieben."
Deckengemälde
Sehr wertvoll ist die aus dem Jahre
1699 stammende Malerei an der dunklen Holzdecke, die den hl. Wolfgang als
Wundertäter verherrlicht und als Fürbitter in allen Anliegen anruft.
Die Felder 1 (= Wassergefahr), 6 (=
Feuersgefahr), 23 (= Erdbeben), 26 (= Luft/Blitz) weisen hin auf St. Wolfgang
als Fürbitter bei Gefahren der vier Elemente.
Besondere
Ereignisse jüngerer Zeit:
1954 |
Das Innere der Kirche wird ganz renoviert. |
1967 |
Erneuerung von Turmkuppel, Turmverputz und Bedachung. |
1971 |
Elektrisches Geläute löst den Handbetrieb ab. |
1972 |
Der Wolfgangibrunnen, seit Menschengedenken zugeschüttet, wird
gesucht in der Nähe Turm gefunden, sorgfältig freigelegt und neu gefasst. |
Oktober 1972 |
Aus Anlass des 1000-jährigen Wolfgangs-Jubiläums sind in
Regensburg auch 4 Gegenstände aus Gerabach ausgestellt. |
Sommer 1973 |
Die kaum 100 Erwachsenen am Ort leisten rund 2000 Arbeitsstunden unentgeltlich zu Gunsten von Friedhof und Kirche. |
21.10.1973 |
(Kirchweihfest); im Rahmen des "Zwölfuhrläutens"
überträgt der Bayerische Rundfunk das Geläute der Filialkirche Gerabach. Die
Glocken selber müssen im Turm bereits schweigen. |
18.01.1975 |
Nach einem bangen Vierteljahr ist der Glockenstuhl erneuert, die
Glocken läuten erstmals wieder über das Land. |
27.10.1974 |
Nach Abschluss der Turmrestaurierung besucht Diözesanbischof Dr.
Rudolf Graber die Filialgemeinde Gerabach und lobt den Eifer der Bewohner. |
30.10.1976 |
Der Diözesanbischof macht Station in Gerabach mit dem
Reliquienschrein des hl. Wolfgang, bei überaus großer Beteiligung des Volkes. |
Sommer 1977 |
Viele Schichten des Außenputzes werden abgeschlagen, das
Bruchstein- Mauerwerk und historische Sehenswürdigkeiten freigelegt, tiefe
Löcher und breite Sprünge ausgebessert und neuer Verputz aufgetragen. Deckengemälde werden fachgerecht aufgefrischt; eine Alarmanlage vorbereitet. |
Frühjahr 1998 |
Abschluss einer erneuten, umfassenden Renovierung mit Freilegung
verschiedener Wandgemälde, Restaurierung der Deckengemälde sowie Erneuerung
der Fassade und Dach. |
Mai 1998 |
Der Abschluss der Renovierungsarbeiten wurde gefeiert mit einem
Pontifikalamt mit Manfred Müller, Bischof von Regensburg. Der Wolfgangsschrein war ebenfalls in Gerabach Station gemacht. |
Text: Konrad Dietl, Pfarrer
Zwei Zitate aus Fr. W. Holzer, St.
Wolfgang, ein Heiliger der Spätgotik, in: Zehnter Jahresbericht des Vereins zur
Erforschung der Regensburger Diözesangeschichte (1935):
S. 38: "Gerabach, Filialkirche St.
Wolfgang; Entstehungszeit um 1480; liegt an der alten Salzstraße
Regensburg-Salzburg; diese Richtung wurde naturgemäß als nächster Weg zum Abersee
von den Pilgern benützt".
S. 85: "Gerabach (siehe auch S.
38), Altarbild aus ca. 1690 St. Wolfgang als Nothelfer; Einrichtung später, da
das Kirchlein durch Brand im 17. Jahrh. Beschädigt wurde. Die Deckengemälde
enthalten die ganze Wolfgangslegende; in der Mitte der Langschiffdecke:
Wolfgang als Nothelfer; ein Engel zur Seite trägt die Cella vom Abersee und
damit erweist sich der Zusammenhang mit der Wahlfahrt."
weitere interessante
und schöne Fotos von Gerabach und anderen Kirchen der Umgebung:
http://www.hofkirchen-online.de/
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